Vermögensgegenstände (VG), die nicht käuflich erworben, sondern selbst hergestellt werden, sind nach § 255 (2) HGB mit ihren Herstellungskosten zu bewerten und zu aktivieren. Das HGB gibt vor, welche Kosten der Herstellung aktiviert werden müssen (Pflicht), aber auch Kostenanteile, die einbezogen werden können (Wahlrecht).
Mindestbewertung (Pflichtansatz)
- Materialkosten
- Materialgemeinkosten
- Fertigungskosten
- Fertigungsgemeinkosten
- Werteverzehr des Anlagevermögens
- Sondereinzelkosten der Fertigung
Höchstbewertung (Wahlansatz)
- Verwaltungsgemeinkosten
- Aufwendungen für soziale Einrichtungen
- freiwillige soziale Leistungen
- freiwillige betrieblicher Altersversorgung
- herstellungsbezogene Fremdkapitalzinsen (§ 255 (3) HGB)
Werden selbst hergestellte VG nur mit ihrem Mindestansatz bilanziert, liegen insofern stille Reserven vor, als dass die nicht angesetzten übrigen Kosten bekannt sind. Die stillen Reserven erhöhen das betreffende Anlagevermögen und das Eigenkapital.
Im Regelfall besteht die vorgenannte Möglichkeit nur bei der internen Jahresabschlussanalyse. Unternehmensfremde Analysten können von einer Aufbereitung der Herstellungskosten keinen Gebrauch machen, da ihnen solche internen Daten des Unternehmens üblicherweise nicht vorliegen.
Beispiel
Die Schrauben- und Federnwerke Pfalz GmbH produziert u. a. hochwertige Schrauben für die Anlagenbranche. Zu ihrer Produktpalette gehören Schrauben für die Installation von Windkraftwerken. Die Bewertung dieser besonders großen und langlebigen Schrauben (Fertige Erzeugnisse) erfolgte zum Mindestansatz. Der Bestand belief sich zum Stichtag auf 10.000 Stück zu einer Bewertung von á 30 € (Ausweis von 10.000 St. * 30 € = 300.000 €).

- Der Finanzbuchhaltung wurden Daten zu den nicht aktivierten Herstellungskosten (4 € je Stück) von der Controlling-Abteilung zur Verfügung gestellt.
- Die Jahresabschlussanalyse wird durch eine Bank vorgenommen.
Lösung zu Variante 1
Die Finanzbuchhaltung ist in der Lage, die nicht angesetzten Herstellungskosten zu quantifizieren. Somit können sie in der Strukturbilanz Berücksichtigung finden. Die Bilanzposten Fertige Erzeugnisse und Eigenkapital werden um 40.000 € (10.000 St. * 4 €) erhöht.

Lösung zu Variante 2
Der Bank liegen keine internen Daten zu den nicht angesetzten Herstellungskosten vor. Zwar kann sie sich sicher sein, dass zweifelsfrei stille Reserven bei den Herstellungskosten vorliegen, aber ohne eine Quantifizierung kann sie sie nicht berücksichtigen. Der Bilanzposten Fertige Erzeugnisse der Handelsbilanz der Schrauben- und Federnwerke Pfalz GmbH wird ohne Änderung in die Strukturbilanz übernommen.

Hinweis zur Anwendungstaxonomie
Im Rahmenplan mit Lernzielen sind die Aufbereitungsmaßnahmen dem Punkt 2.1.2 zuzuordnen. Demnach muss die Strukturbilanz aus der Handelsbilanz mithilfe der Maßnahmen (hier Umwertung) entwickelt werden können.
Rechtsstand: 08/2022
